Ihr
Bürgerbote –
kleine Geschichten von der Ostsee. Ein Spruch aus alter Zeit gewinnt durchaus an
Aktualität, gerade dann, wenn durch eine raue See die Ostseewellen merkwürdige
Geschichten an den Strand einer kleinen Ostseegemeinde spülen und der
Wind beginnt sein stetig Lied im Ort zu singen. Zu einer Zeit der rauen Kerle begab es sich, das eine
kleine Gemeinschaft gestrandeter Ruderern ihr Boot zu Lande weiter bewegen
musste. Der Schlagmann, ein korpulent schwerer Mann, musste nun statt das
er berudert wurde wohl oder übel den sportlich Tätigen hinterher laufen.
Behäbig war der Schritt und nicht viele Meter konnten so schwer beladen
an einem Tag in der Richtung der einmal aufgenommenen Ziele gegangen
werden. Die Gier nach Geld und Macht trieb sie voran und nur der Teufel
war ihr Pate. So kam es, dass ein jeder für sich allein mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, bis plötzlich der Schlagmann der Mannschaft ein zündende Idee hatte. War man doch, ohne es genau zu bemerken, in einer kleinen Gemeinde in unmittelbarer Nähe des großen Wassers angekommen. Warme Kleidung trug man am Körper und den erforderlichen Filz brauchte man ohnehin nicht, man war es. Nach einer ersten Orientierung im Ort, wer ist hier Volk und was kann man hier holen, stand für die kleine Gruppe der Überwasserfahrer fest, das sie ihren Weg nicht weiter fortsetzen musste. Fanden sie hier doch genau das, was sie schon immer gesucht. Ein führerloses Volk und die gesuchte Grundlage für Macht mit Geld. Von der Bootsgemeinschaft aber hatte nicht jeder eine
gute Ausbildung in den Fächern von Charakter und Anstand in seinen
Kinderjahren erfahren, doch zur Umsetzung ihrer innigen Wünsche reichte
ihr Wissen, erweitert durch Cleverness, List und Abgezocktheit völlig
aus. So wurde der „Kuchen“ geteilt und ein jeder von ihnen bekam ein Stück zur Bearbeitung. Die geistig so verschiedenen, jedoch immer mächtig werdenden Kuchenesser, erkoren ihren besten Lügner auf eine öffentliche Arbeitsstelle. Das dies ihr Schlagmann war, das spielte zu der damaligen Zeit noch keine wesentliche Rolle und selbständiges denken traute man dem so hoch Gewichtigen ohnehin nicht zu. Doch nur er war der richtige Mann für die Angabe von Ton und Takt. Das Volk musste abgelenkt, doch gesteuert und immer beschäftigt werden. Schnell konnte die kleine Mannschaft über ihre
ausgedachten Angebote, verbunden mit gewissen Sonderleistungen, bestimmte
Einheimische in die Umsetzung ihrer Pläne einbinden und diese emsig und
fleißig machen. Die so zum Geschäftsbesorger aufgestiegenen besorgten
und beschafften für ihre Nimmersatts genau das, was jeder Kuchenesser
sich wünschte und wollte und das was im Argen lag, das blieb liegen und
wurde unter den Tisch gekehrt. Doch die Bewohner des kleinen Ortes bemerkten dies
alles nicht. Ihnen fiel nicht auf, dass sie von Lug und Trug schon längst
umsponnen waren. Gutmütig waren sie ein funktionierendes Netzwerk für
den stetigen Bedarf der Kuchenesser. Dienlich und stets nützlich. Hinzu
kam, das der kleine Ort schon damals einmal im Jahr mit frischem Geld
versorgt wurde. „Die Lüge ist die Schmiere der Gesellschaft“ (Zitat von Roger Willemsen – Süddeutsche Zeitung) Ihr
Bürgerbote – 22. Ausgabe - Entwurf
-- C2010 Siegfried Kümmels kleine Geschichten
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