Ihr Bürgerbote
– kleine
Geschichten von der Ostsee.
Unmittelbar am Dünenwald der schönen Ostseeküste
stand in einer kleinen Gemeinde ein einzelnes Gebäude. Eine richtige
Burg. Obwohl die Zeit des Mittelalters schon lange vorbei war gab es noch
Raubritter im Orte, die auf ihren geistigen Pferden und in den Rüstungen
der Neuzeit, sich um das in bester Lage liegende Anwesen intensiv kümmerten. So kam es eines schönen Tages in dieser Gemeinde zu
einer weitragenden Entscheidung und man schob die Burg solange hin und
her, bis einer der Raubritter über eine Ausschreibung, an der sich dieser
als nur einzigster Teilnehmer beteiligen konnte, auch den Zugschlag dieser
Ritterburg bekam. Obwohl andere Bürger im Orte, die sich ebenfalls an der Ausschreibung mit sogar besseren und höheren Angeboten beteiligt haben wollen, das Fehlen ihrer Angebote in den Stuben eines schon damals vorhandenen Amtes reklamierten, konnte ihnen auch dort nicht über die Hilfe der amtlichen Reiterei geholfen werden. Was zu Zeiten nicht vorlag, das konnte eben nicht da
sein und somit auch nicht vorliegen. Selbstverständlich war die Burg zu der Zeit der
Ausschreibung und des Zuschlages noch vom Volke bewohnt. Auch hier müssen
die Ritter eine Lösung dieses Problems bereits in ihrer Schatztruhe
gehabt haben, denn bereits nach kurzer Zeit zogen die Bewohner aus und
siedelten um, sie fanden innerhalb des Ortes an anderer Stelle ein neues
Obdach. Damit die nun menschenleere Burg nicht dem Verfall überlassen
ward, kamen die Rittersleute auf eine zur damaligen Zeit blendende Idee.
Sie nahmen richtiges Geld in die Hände und legten mit erheblichen Veränderungen
in der Raumaufteilung und einer neuen Gestaltung des Gebäudes einen
wahren Kreuzzug hin. Natürlich hatten die Ritter die Nähe der schönen Ostsee bei den Durchführungsarbeiten der Baumaßnahme nicht aus den Augen verloren. Ein gutes Auge braucht eine weite Sicht, selbst dann, wenn die Wipfel der Kiefern höher sind und den freien Blick auf das Meer von der so großen, doch in der Höhe nicht ausreichenden Dachterrasse, erheblich stören. Derartige Hindernisse stellen für doch so gute
Ritter keine Probleme dar. Somit ging es den armen Bäumen sprichwörtlich
nach der Manier eines Raubzuges an den Kragen. Die kleine Gemeinde hatte jedoch an dem großen Geschäft
der Ritterschaft keinerlei Vorteile. Sie hatte das Grundstück billig
verkauft, Straßenland für kleines Geld abgegeben und einige Bürger im
Orte doch sehr enttäuscht. Ihr
Bürgerbote – 12. Ausgabe (Forstsetzung der Geschichte aus - Ausgabe 8) -
Entwurf -- C2010
Siegfried Kümmels kleine Geschichten
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